Wie sieht eine Stadt aus, die für den Rad- und Fußgängerverkehr geplant ist? Das wollten sich die Naturfreunde Bochum Langendreer bei Ihrem Ausflug in die 10 km südlich Utrechts gelegene Stadt Houten erklären lassen und ansehen.

Mit einer Gruppe von rund 20 Naturfreunden – vornehmlich Familien – haben wir uns am 2. Bis zum 3.4.2022 auf die niederländische „Fahrradstadt 2018“ eingelassen. Uns bot sich die großartige Chance, Arjen de Boer vom Fietsersbond Houten, dem niederländischen Pendant des ADFC, in seinem Haus in Houten zum Kaffeetrinken zu besuchen. Der langjährige Einwohner hatte uns mit Dick Veldkamp, einem weiteren Mitgestalter des Fahrradwegenetzes in Houten, eingeladen und erläuterte uns die Grundlagen der Planung.

Vorfahrt für Radfahrer: Houten bei Utrecht

Die niederländische Regierung plante, Houten, eine Kleinstadt mit ca. 4.000 Einwohnern im Jahr 1979, zu einem Wohnort für rund 50.000 Menschen auszubauen. Ziel war es, eine Stadt mit hoher Lebensqualität zu errichten, die sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltig ist. Ein wichtiges Element ist die Bevorzugung des Fuß- und Radverkehrs sowie des ÖPNV gegenüber dem motorisierten Individualverkehr.

Anders als bei derartigen Neuplanungen üblich, wurden daher neben den Wohnquartieren zuerst Flächen für Radwege vorgesehen. Diese durchqueren die Ansiedlung in allen Richtungen, während der gesamte Autoverkehr den Ort auf einer außen gelegenen Ringstraße umfahren und auf Stichstraßen in die Wohnquartiere gelangen, aber nicht hindurchfahren kann.

Die Entfernungen innerhalb der Siedlung sind daher per Rad kürzer als die Autostrecken. In der gesamten Siedlung gilt Tempo 30 für Autofahrer, auf der Ringstraße Tempo 70. Houten hat sich auch dadurch zu einem ausgesprochen beliebten Wohnort entwickelt.

Obwohl die meisten Bewohner die innerstädtischen Wege per Rad oder zu Fuß zurücklegen, nutzen sie für weitere Strecken nach wie vor den eigenen Pkw. Die Bahnverbindung ins nahegelegene Utrecht hat ebenso wenig zu einer deutlichen Reduzierung des Pkw-Bestandes geführt wie Angebote zum Car-Sharing. Dennoch sind die PkWs im Stadtbild deutlich weniger dominant, da sie auch nicht am Straßenrand sondern auf Stellplätzen oder in Garagen abgestellt werden.

Unser Praxisttest

Bei einer ausgedehnten Tour auf geliehenen Fahrrädern durch Houten konnten wir dieses Konzept selbst „erfahren“: Die Nutzung der gut ausgebauten, markierten und bevorrechtigten Radwegen ist intuitiv möglich, auch für jüngere Kinder sicher, macht auch Erwachsenen richtig Spaß und ging auch einfach schnell, da kaum Ampeln vorhanden sind.

Trotz der unfreundlichen Witterungsbedingungen hinterließ Houten insgesamt einen ruhigen, sicheren, entschleunigten und lebenswerten Eindruck, so dass wir uns ähnliche Wohn- und Verkehrsverhältnisse auch in Langendreer wünschen und dafür weiter Vorschläge machen werden.

(Text: Susanne Abel/Carola Mallek)

Foto: Die Naturfreunde Langendreer haben im April unter Führung des Fietsersbond Houten das Radverkehrskonzept der niederländischen Stadt bei Utrecht ausprobiert. Arjen de Boer, in der Mitte mit gestreifter Mütze, und Dick Veldkamp, 2. v. links, haben den Nachmittag zu einem tollen Erlebnis gemacht.
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