Auf dieser Wiese summt, krabbelt und brummt es wieder! Bochumer NaturFreund*innen bringen mit einer Insektenwiese Leben in ihren Stadtteil
Rollrasen, Steinwüsten und monotone Thuja-Hecken: Viele aktuelle Garten-Trends vernichten Lebensräume von Insekten und tragen so zu deren Verlust bei. Dabei ist mittlerweile allgemein bekannt, wie wichtig Insekten für funktionierende Ökosysteme und letztlich für das Überleben der Menschen sind.
Die NaturFreunde Bochum-Langendreer sehen den „Ordnungswahn“ vieler Hobbygärtner*innen kritisch. Sie wollen zeigen, dass es sich lohnt, der Natur mehr Raum zu geben und es gar nicht viel braucht, um Insekten ein Zuhause zu bieten. In ihrem NaturAktiv-Mitmach-Projekt hat die Ortsgruppe eine insektenfreundliche Wiese angelegt, die als Modellprojekt Menschen im Stadtteil inspirieren soll.
“Wir hoffen, viele Menschen von der Idee des naturnahen Gartens zu überzeugen und so einen Beitrag zum Insektenschutz leisten zu können”, sagt Ulrike Hiltawsky von den NaturFreunden Bochum-Langendreer, die in der Ortsgruppe für das Projekt verantwortlich ist. „Letztlich braucht es gar nicht viel mehr als eine Fläche, das richtige Saatgut, ein paar Steine und Äste – und motivierte Hände. Das funktioniert auch mitten in der Stadt sehr gut!“
Ein Gemeinschaftsprojekt von vier Initiativen
An der Lutherkirche im Stadtteil Langendreer fanden die Bochumer NaturFreund*innen schnell eine passende Fläche. Etwa zwanzig Quadratmeter groß und direkt neben dem Bürgersteig gelegen schien diese gut geeignet, um Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. Der Verein LutherLab, der die entwidmete Lutherkirche und die dazugehörigen Flächen verwaltet, um sie für Bürger*innen und Interessierte zu öffnen, musste nicht lange von der Idee der Insektenwiese überzeugt werden. Deren Projekt “Experimentierraum für Kinder, Jugendliche und Familien”, vertreten durch Vicky Huppertz-Masukowitz und Miriam Eschert, die die NaturFreunde Langendreer bei ihrer ersten selbst organisierten Pflanzentauschbörse kennengelernt hatten, kümmert sich engagiert nicht nur um den Orgakram des Projektes.
Als Ulrike Hiltawsky auch bei der Urban-Gardening-Gruppe Langendreer und der LutherLab Gartengruppe anfragte, ob diese sich auch an dem Projekt beteiligen wollen, zeigten diese sofort Interesse. So tragen nun vier Initiativen gemeinsam das Projekt Insektenwiese. „Wir telefonieren im Moment oft und teilen uns die Arbeit auf, wie es passt. Die Kooperation funktioniert super!“ sagt Ulrike Hiltawsky. Und fügt hinzu: „Das verstehe ich übrigens auch als einen wichtigen Teil meines Engagements bei den NaturFreunden: Kooperationen im Stadtteil zu fördern.“
Wo die Wildbiene wohnt
Über mangelnden Zulauf von Helfer*innen kann sich die Projektinitiatorin nicht beklagen: Zum ersten offenen Arbeitseinsatz mit gemütlichem Brunch fanden sich im Februar 2020 etwa 30 Personen mit kleinen und großen helfenden Händen auf der Fläche ein. Nachdem die Grasnarbe abgetragen und die eher lehmige Erde aufgelockert und mit Sand vermischt wurde, errichteten die freiwilligen Helfer*innen Haufen aus Totholz und Steinen. Die Struktur dieser Haufen bietet diversen Lebewesen Unterschlupf und Material zum Nestbau. Außerdem wurde ein Sandarium angelegt, eine etwa fünfzig Zentimeter tiefe, mit Sand und Lehm gefüllte Grube. „Nicht nur das Sandarium dient vielen Wildbienenarten, die ihre Eier im Boden ablegen, als Brutplatz. Offene Flächen, karge Böden sind essenziell für Wildbienen. Überdüngte, dichte Rasenflächen sind dagegen gar nicht gut. Nur Mut zur Lücke!“ empfiehlt Ulrike Hiltawsky.
ProInsekt sponsert das Saatgut
In einem weiteren Arbeitseinsatz, der coronabedingt als reine Familienaktion stattfand, brachten die NaturFreund*innen schließlich Saat für eine Blumenwiese auf die Fläche aus. Gesponsert wurden das Saatgut von ProInsekt, einem Projekt der NaturFreunde Nordrhein-Westfalen (https://www.naturfreunde-nrw.de/proinsekt-nrw) zur Förderung der Biodiversität. Weil wochenlang kaum Regen fiel, mussten die NaturFreund*innen die Fläche per Hand bewässern.
Mittlerweile sind diverse Gräser sowie Kornblumen, Klatschmohn und wilde Malven gewachsen, die für leuchtend bunte Farbtupfer am Wegesrand sorgen. Und wer aufmerksam beobachtet und lauscht stellt fest: Es summt, krabbelt und brummt in der Wiese.
Mitmachprojekt: Insektenhotel
Am 30.06. haben wir gemeinsam ein weiteres Mitmachprojekt auf die Beine gestellt. Im vorderen Bereich der Kirche haben wir begonnen, das große Insektenhotel für die Wiese zu bauen, sowie die Wiese mit Backsteinen umrandet. Hinter der Kirche konnten interessierte Familien unter Anleitung ein kleines Insektenhotel für zu Hause bauen. „Das Interesse war so groß, das wir nun überlegen, eine zweite Aktion dieser Art anzubieten“, sagt Vicky Huppertz-Masukowitz. „Denn wegen der speziellen Auflagen aufgrund der Corona-Situation düfen maximal 10 Personen an einem Projekt beteiligt sein.“
Auf den ersten Erfolgen ausruhen wollen sich die NaturFreunde aber nicht, die nächsten Aktionen sind schon geplant: Das große Insektenhotel muss fertig gestellt werden, weitere Mitmachaktionen geplant und für die einzelnen Elemente der Insektenwiese werden Informationstafeln erstellt. Im Herbst wird die Wiese dann zum ersten Mal gemäht, um die Artenvielfalt zu erhalten. In Planung ist auch ein schattenverträgliches Staudenbeet, um der Insektenwelt noch mehr Möglichkeiten für die Nahrungssuche bereit zu stellen!
(Text: Ulrike Hiltawsky & Jana Pittelkow, Naturfreunde Berlin)
Weitere Informationen und Kontakt
ulrike.hiltawsky@posteo.de